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Was ist die Insolvenzantragspflicht?

Was ist die Insolvenzantragspflicht?

§ 15 a I 1 InsO statuiert eine Insolvenzantragspflicht für juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit für den Fall, dass diese zahlungsunfähig oder überschuldet sind. Diese Pflicht dient einerseits dem Schutz der Gläubiger und andererseits dem Schutz des Rechtsverkehrs vor Schädigungen. So soll verhindert werden, dass sich einzelne Gläubiger, welche besser informiert sind als andere frühzeitig durch Zwangsvollstreckungen besserstellen. Überdies soll die Insolvenzantragspflicht auch Insolvenzverschleppungen durch die geschäftsführenden Organe verhindern sowie Sanierungschancen durch die rechtzeitige Stellung des Antrages gewahrt werden.

Adressaten der Antragspflicht sind die Mitglieder des Vertretungsorgans einer juristischen Person, also z.B. der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstand einer AG. Natürliche Personen hingegen sind nicht verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Personengesellschaften (OHG, KG, GbR) trifft ebenfalls grundsätzlich keine Insolvenzantragspflicht. Anders ist dies jedoch bei der GmbH & Co. KG, da es dort keinen voll haftenden Gesellschafter gibt.

Voraussetzung der Insolvenzantragspflicht einer juristischen Person ist der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO oder der Überschuldung gemäß § 19 InsO, mithin der Eintritt der sogenannten Insolvenzreife. Nach § 17 II 1 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Eine Überschuldung nach § 19 InsO liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Die bloße drohende Zahlungsunfähigkeit löst noch keine Antragspflicht aus. Zu beachten ist, dass es auf die Kenntnis des antragspflichtigen Vertretungsorgans vom Eintritt der Insolvenzreife gerade nicht ankommt. Bereits der objektive Eintritt der Insolvenzreife begründet die Insolvenzantragspflicht.

Gemäß § 15 a I 1 InsO ist der Insolvenzantrag ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes bzw. des Eintritts der Insolvenzreife zu stellen. Ohne schuldhaftes Zögern bedeutet, dass der Antrag grundsätzlich so schnell wie möglich nach dem objektiven Eintritt der Insolvenzreife gestellt werden muss. Bei dieser 3-Wochen-Frist handelt es sich um eine Höchstfrist, d.h., dass sie nur unter besonderen Voraussetzungen voll ausgeschöpft werden darf; so z.B., wenn bis zum Ablauf der drei Wochen eine rechtzeitige Sanierung der Gesellschaft ernsthaft zu erwarten war. Da es auf den objektiven Eintritt der Insolvenzreife ankommt, hat das Vertretungsorgan die Pflicht, den möglichen Eintritt der Insolvenzreife kontinuierlich zu überwachen, indem es sich ständig versichert, dass keine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt.

Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht, welche auch als Insolvenzverschleppung bezeichnet wird, kann Schadensersatzpflichten des anzeigepflichtigen Organs gegenüber der juristischen Person und deren Gläubigern und auch strafrechtliche Sanktionen zur Folge haben und gegebenenfalls sogar eine Durchgriffshaftung in das Privatvermögen des Geschäftsführers bzw. Vorstandes, welcher gegen die Pflicht verstoßen hat, nach sich ziehen. Strafbar ist gemäß § 15 a IV InsO sowohl das vorsätzliche wie auch das fahrlässige Unterlassen der Insolvenzantragstellung. Als Strafmaß für diese sogenannte Insolvenzverschleppung ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen.

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht anlässlich der Corona-Pandemie

Der Gesetzgeber hat mit dem am 27. März 2020 in Kraft getretenen COVID-19-Insolvenz-Aussetzungsgesetz (COVInsAG) die Insolvenzantragspflicht zunächst bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Die Aussetzung kann per Verordnung bis zum 31. März 2021 verlängert werden. Die Regelungen gelten rückwirkend zum 1. März 2020, um zu verhindern, dass die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für einige Unternehmen, die von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie betroffen sind, bereits zu spät kommt. Ziel des Gesetzes ist, eine ungeordnete Insolvenzwelle zu vermeiden sowie die Fortführung der von der Pandemie betroffenen Unternehmen zu ermöglichen und zu erleichtern. Die von Covid-19 betroffenen Unternehmen und ihre organschaftlichen Vertreter sollen genug Zeit haben, um die notwendigen Maßnahmen zu treffen, insbesondere um staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen oder zu Finanzierungs- oder Sanierungsvereinbarungen mit Gläubigern und Kapitalgebern zu kommen und so eine Möglichkeit haben, ein Insolvenzverfahren abzuwenden.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gilt jedoch nur nur für Fälle, in denen die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung tatsächlich auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht. Zudem müssen Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen.

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