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Wann besteht ein Anspruch auf Löschung einer Bewertung?

Inzwischen existieren im Internet unzählige branchenspezifische Bewertungsportale. Zu nennen sind hier insbesondere Ebay, Amazon (Verkaufsportale), Jameda, Docinsider (Bewertungsportale für Ärzte), Yelp (Bewertungsportal für Restaurants), Tripadvisor (Hotel- und Reisebewertungen) und Google (allgemeine Bewertungen der Nutzer).

Heutzutage informieren sich die meisten Kunden über ihren Vertragspartner vorab im Internet, bevor sie beispielsweise ein Produkt von diesem kaufen oder eine von diesem angebotene Dienstleistung in Anspruch nehmen, indem sie nach Erfahrungen und Bewertungen anderer Kunden auf Portalen wie den vorgenannten suchen. Internetbewertungen spielen in der heutigen Zeit daher eine wichtige Rolle für die Meinungsbildung der Kunden; insbesondere der potentiellen Neukunden. Es kann jedoch aus den verschiedensten Gründen schnell zu unfairen oder schlichtweg falschen negativen Bewertungen kommen. Zudem legen viele Menschen im Internet sämtliche Hemmungen ab und lassen das bewertete Unternehmen willkürlich ihren Frust spüren.

Negative Bewertungen sind schlecht für das Geschäft und können die Unternehmensreputation nachhaltig schädigen. Ungerechtfertigte, negative Internetbewertungen können einen guten, durch harte Arbeit über lange Jahre aufgebauten Ruf in kürzester Zeit zunichte machen und zu erheblichen finanziellen Einbußen für den bewerteten Unternehmer führen, da potentielle Neukunden aufgrund der ungerechtfertigt schlechten Bewertungen lieber die Dienste der Konkurrenz in Anspruch nehmen. Gegen derartige Bewertungen sollte man daher unbedingt vorgehen und diese schnellstmöglich löschen lassen.

Ein Anspruch auf Löschung einer Bewertung ist gesetzlich nicht explizit geregelt, sondern eine Schöpfung der Rechtsprechung und wird aus § 1004 BGB analog in Verbindung mit § 823 I BGB abgeleitet. Ein Anspruch auf Löschung besteht, wenn durch die negative Bewertung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerteten aus Art. 2 I Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 1 I GG verletzt wird und die Bewertung nicht von der durch Art. 5 GG gewährleisteten Meinungsfreiheit geschützt ist. Das allgemeines Persönlichkeitsrecht schützt sowohl natürliche Personen (z.B. Privatpersonen, Unternehmer und Freiberufler) wie auch Unternehmen und Firmen, wie z.B. eine GmbH oder eine UG als sog. juristische Personen. Letzteren kommt ein  sog. Unternehmenspersönlichkeitsrecht zu, welches den sozialen Geltungs- und Achtungsbereich eines Unternehmens schützt.

Für die rechtliche Beurteilung der Frage, ob der Bewertete einen Anspruch auf Löschung einer Bewertung hat, kommt es zunächst darauf an, wie die Bewertung inhaltlich zu qualifizieren ist. Unterschieden wird insofern zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen. Eine genaue Abgrenzung kann jedoch mitunter schwierig sein. Eine Tatsache ist ein Vorgang, welcher seinem Gehalt nach einer objektiven Klärung als richtig oder falsch zugänglich und daher grundsätzlich einem Beweis zugänglich ist. Werturteile hingegen sind durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage und somit durch subjektive Elemente der Stellungnahme gekennzeichnet und einem Beweis daher gerade nicht zugänglich.

Eine Bewertung, welche eine reine Meinungsäußerung in Form eines Werturteils darstellt, kann grundsätzlich nicht angegriffen werden, da sie durch das in Art. 5 I GG verbriefte Recht zur freien Meinungsäußerung geschützt ist. Sogar überzogene, überspitzte, scharfe oder gar ausfällige Äußerungen müssen daher grundsätzlich geduldet werden, da sie von Art. 5 I GG geschützt sind. Eine Äußerung, welche jedoch ausschließlich diffamierend und herabsetzend wirken soll, ohne einen Sachbezug aufzuweisen, wird als sog. Schmähkritik bezeichnet, welche nicht mehr dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit des Art. 5 I GG unterfällt und die Grenze des Zulässigen daher überschreitet. Die Grenze des rechtlich Zulässigen ist ebenfalls dann überschritten, wenn Bewertungen Beleidigungen, Verleumdungen oder gar üble Nachreden enthalten. In diesen Fällen hat der Bewertete einen Anspruch auf Löschung der Bewertung.

Anders ist dies bei Tatsachenbehauptungen. Diese können – wie eingangs erwähnt – inhaltlich auf ihre objektive Richtigkeit überprüft werden, sind also beweisbar und in den Kategorien „wahr“ und „unwahr“ überprüfbar. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind grundsätzlich nicht zulässig und von der Meinungsfreiheit nicht geschützt. Im Falle einer Bewertung in Gestalt einer unwahren Tatsachenbehauptung besteht daher ein Anspruch auf Löschung. Dies gilt auch für unvollständige Äußerungen, sofern durch das Verschweigen einer Tatsache ein falscher Anschein erweckt wird (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 03.04.2006, Az. : 13 U 71/05). Wenn eine Bewertung sowohl Tatsachenbehauptungen wie auch Werturteile enthält, so kommt es für die rechtliche Beurteilung darauf an, welcher Teil überwiegt.

Allerdings können auch wahre Tatsachenbehauptungen unzulässig sein, wenn sie den Betroffenen in seinen Rechten verletzen. In jedem Fall ist daher grundsätzlich eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Rechtspositionen vorzunehmen, da ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur dann rechtswidrig ist, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15). Daher hat auch in Fällen, in denen eine Bewertung grundsätzlich eine von der Meinungsfreiheit geschützte Äußerung darstellt (da es sich bei dieser weder um Schmähkritik, noch um eine Beleidigung oder dergleichen handelt) immer eine Abwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung des Bewerters aus Art. 5 I GG und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Bewerteten aus Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG zu erfolgen. Es ist daher stets im Einzelfall zu prüfen, wessen Interessen stärker wiegen. Für die vorzunehmende Einzelfallabwägung kommt es maßgeblich darauf an, welchen Wortlaut die Äußerung hat, in welchem Kontext sie getätigt wurde und wie ein objektiver Dritter die Äußerung verstehen muss.

Ein Anspruch auf Löschung einer Bewertung kann sich zudem aus der Verletzung von Richtlinien bzw. von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Bewertungsportale selbst ergeben. Häufig verbieten viele Portale die Verbreitung von illegalen Inhalten, wie z.B. Bewertungen, welche gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen. Grob unsachliche, anstößige oder verletzende Aussagen sind in der Regel ebenfalls durch AGB verboten. Zur Sicherung der Effektivität und Durchsetzbarkeit eines Löschungsanspruchs sollte dieser sowohl auf die Richtlinien des Portals als auch auf den Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht gestützt werden.

Der Löschungsanspruch richtet sich zunächst gegen den Verletzer, d.h. gegen diejenige Person, welche die Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die rechtswidrige Bewertung begangen hat. Sofern die Äußerungen auf anderen Internetseiten weiterverbreitet wurden, besteht gegen den ursprünglichen Verletzer gegebenenfalls auch ein Anspruch, auf die Löschung der Inhalte auf den anderen Webseiten hinzuwirken. Dies kann von dem Verletzer jedoch nur insoweit verlangt werden, wie es ihm zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2015, Az. VI ZR 340/14). Da die Nutzer von Online-Bewertungsportalen in der Regel nicht unter ihrem Namen, sondern lediglich unter einem sogenannten „Nicknamen“ agieren, kann der Verletzer häufig jedoch nur schwer ermittelt werden. Selbst wenn der Verletzer unter seinem „Klarnamen“ gepostet hat, gestaltet es sich als schwierig, ihn ausfindig zu machen. Zudem besteht aus Gründen des Datenschutzes auch kein Anspruch gegen den Portalbetreiber auf Herausgabe der persönlichen Daten der Nutzer. Um an diese zu gelangen, müsste der Verletzte ggf. Strafanzeige erstatten und Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen (vgl. AG München, Urteil vom 03.02.2011, Az. 161 C 24062/10).

Die Entfernung der verletzenden Bewertung geschieht daher regelmäßig im sogenannten „notice-and-takedown“-Verfahren: Der Betreiber des Portals wird über die Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt („notice“) und zur Beseitigung („takedown“) aufgefordert. Abgesehen von diesem Verfahren kann der Portalbetreiber für das reine Bereitstellen des Bewertungsportals weder strafrechtlich belangt werden, noch haftet er gegenüber dem Verletzten zivilrechtlich auf Entschädigung oder Schadensersatz. Es besteht zudem keine Pflicht des Portalbetreibers, Bewertungen der Nutzer zu überwachen bzw. auf Ihre Rechtmäßigkeit hin zu untersuchen. Erst, wenn der Portalbetreiber Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt, ist er dazu verpflichtet, diese zu entfernen („notice-and-takedown“-Verfahren).

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